Wir möchten Euch einen unserer Patienten vorstellen: einen jungen Cane Corso Rüden mit Hautproblemen. Da eine Futtermittelunverträglichkeit vermutet wurde, stellte die Besitzerin die Fütterung auf ein tiefgefrorenes Fertig-BARF-Futter um. Dieses Futter enthielt eine Proteinquelle und eine Kohlenhydratquelle und wurde tiefgefroren angeliefert. So weit, so gut. Es wurde damit geworben, dass keine künstlichen Zusätze und 100 % natürliche Zutaten verwendet wurden. Dass auch natürliche Inhaltsstoffe durchaus gesundheitsschädlich sein können, erfahren wir später.
Bei einem Kontrolltermin des Rüden war festzustellen, dass er seit der Fütterung mit dem Fertig-Barf-Futter stetig an Gewicht verloren hatte, obwohl die Tierhalterin die Futtermenge stetig steigerte. Die Haut- und Verdauungsprobleme hatten sich nicht wesentlich verbessert. Außerdem stellten wir starke Blähungen bei dem Patienten fest. Ungelogen, unser komplettes Wartezimmer und Behandlungsraum waren in eine unangenehme Duftwolke gehüllt.
Die eingeleitete Blutuntersuchung war unauffällig, bis auf T4. Dieser Schilddrüsenwert war um mehr als das 10 fache erhöht. Das war so hoch, dass der T4 – Wert mit unserem Blutgerät nicht mehr exakt messbar war. Wir vermuteten eine Hyperthyreose, also eine Erkrankung der Schilddrüse, die vermutlich alimentär bedingt war.
Was war passiert?
Bei nicht fachgerecht zerlegten Tierkörpern wird der Schlund nicht sorgfältig entfernt und im Tierfutter mit verarbeitet. Die darin enthaltenen Schilddrüsenhormone führen zu einer Überfunktion der Schilddrüse, die mit Unruhe, Hecheln, Gewichtsabnahme und dauerhaftem Hunger verbunden sein können. Auch können eine erhöhte Herzfrequenz, Durchfall und Erbrechen, Schluckbeschwerden und ungewöhnliche Erregbarkeit auftreten.
Nach sofortigem Absetzen des Barf-Futters sank das Schilddrüsenhormon T4 innerhalb von 2 Wochen wieder in den Normalbereich. Der Gesundheitszustand des Hundes besserte sich schnell und der Patient nahm zu. Damit konnten wir unsere Annahme bestätigen, dass die Schilddrüsenüberfunktion alimentär bedingt war. Die Hyperthyreose war durch eine „natürliche Zutat“, der Schilddrüse des Schlachttieres, verursacht worden.
Ganz im Gegensatz zur Katze kommen Schilddrüsenüberfunktionen beim Hund normalerweise sehr selten vor. Sie werden fast immer durch unsachgemäß zubereitetes Barf-Futter verursacht. Seitdem vermehrt gebarft wird, haben die Fälle jedoch deutlich zugenommen.
Zurück zu unserem Patienten und seinen Blähungen: Diese hörten sofort auf, als die Ernährung auf hochwertiges hypoallergenes Trockenfutter umgestellt wurde. Flatulenzen sind oft fütterungsbedingt und werden durch schwer verdauliche Kohlenhydrate oder minderwertige Proteinquellen im Futter verursacht, wie Schlachtabfälle aus getrockneter Rinderhaut, Horn oder Federn. Dies führt zu einem drastischen Anstieg der Keime im Dickdarm und folglich zu übermäßiger Gasbildung durch Mikroorganismen im Dickdarm. Ein Wechsel zu hochwertigerem und besser verdaulichem Futter löst das Problem der Blähungen in der Regel.
Und die Moral von der Geschicht? Nicht alles ist gut, was der Futtermittelhandel verspricht…
06.10.2023