Es gibt verschiedene Gründe, über die Kastration (das Entfernen der Hoden) seines Rüden nachzudenken. Nicht nur die Frage, ob kastriert, sondern auch wie kastriert werden soll, sollte individuell genau abgewogen werden. Neben gesundheitlichen Gründen sprechen Verhaltensauffälligkeiten und das Verhindern der Fortpflanzungsfähigkeit für die Kastration.

Benigne Prostatahyperplasie

Medizinische Indikationen sind vor allem Erkrankungen der Prostata, wie z.B. die benigne Prostatahyperplasie. Die männliche Vorsteherdrüse ist bei ca. 80 % aller Rüden mit einem Alter über 5 Jahren gutartig vergrößert. Wird der Enddarm durch die Prostata eingedrückt, kann das zu Problemen beim Kotabsatz führen.

Prostatitis

Die bakterielle Entzündung der Prostata kommt sowohl akut als auch chronisch beim unkastrierten Rüden recht häufig vor. Die Prostatitis ist nicht nur schmerzhaft, sondern kann bei einer Abszedierung mitunter lebensgefährlich verlaufen. Neben Antibiotika-Gabe und Schmerztherapie ist die Kastration in diesen Fällen eine wichtige Behandlungsmaßnahme. Besteht bei einem alten Tier ein erhöhtes Narkose-Risiko oder ist ein chirurgischer Eingriff aus anderen Gründen nicht mehr durchführbar, ist die chemische Kastration in diesen Fällen eine schonende Alternative.

Kryptorchismus

Bei Kryptorchiden (Rüden mit nur einem abgestiegenen Hoden) ist die chirurgische Kastration das Mittel der Wahl, um den zweiten Hoden aus Leiste oder Bauchhöhle zu entfernen. Damit wird eine tumoröse Entartung des inguinalen oder abdominalen Hodens vermieden.

Präputialkatarrh

Die eitrige Entzündung der Vorhaut (Präputial-katarrh) beim Rüden ist zwar meist harmlos, aber lästig für Hund und Besitzer. Nach Kastration gibt sich die Problematik von selbst.

Perinealhernien/ perineale Adenome

Die männlichen Hormone gelten bei Erkrankungen wie Perinealhernien und perinealen Adenomen als Mediatoren, so dass sich nach dem Entfernen der Hoden durch Wegfall der endokrinen Quellen eine Besserung einstellt.

Hodentumoren

Bei Hodenkrebs, der insgesamt selten vorkommt, ist es selbstverständlich, dass eine chirurgische Kastration durchgeführt werden sollte, um eine Metastasierung des Tumors zu verhindern.

Verhaltensprobleme

Übersteigerter Sexualtrieb, häufiges Markieren an unerwünschten Stellen, Streunen nach läufigen Hündinnen, übermäßige Dominanz sowie aggressives Verhalten sind wenig tolerierbar und können durch das Ausschalten von Testosteron positiv beeinflusst werden. Da nicht alle Verhaltensprobleme hormonabhängig sind, können Sie mit einer reversiblen chemischen Kastration austesten, ob sich eine Besserung einstellt. Erst dann entscheiden Sie, ob Sie Ihren Rüden endgültig chirurgisch kastrieren lassen möchten.

Fortpflanzungsfähigkeit

Leben Hündin und Rüde in einem Haushalt, ist es manchmal unerlässlich, die Fortpflanzung zu verhindern. Eine temporäre Lösung kann der Suprelorin-Chip sein, eine irreversible Lösung wäre der operative Eingriff.

Die chemische Kastration: Wirkmechanismus

Der Suprelorin-Chip wird zwischen die Schulterblätter gesetzt, ähnlich wie der Microchip. Der GnRH-Agonist Deslorelin, kontinuierlich in niedriger Dosis verabreicht, wirkt durch Suppression der Funktion der Hypophysen-Gonaden-Achse. Nach der Implantation wird konstant der Wirkstoff Deslorelin freigesetzt, der für 6 bzw. 12 Monate die Freisetzung von Geschlechtshormonen verhindert, indem es zu einer Suppression der Funktion der Hypophysen-Gonaden-Achse kommt. Als Folge werden das follikelstimulierende Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH) nicht mehr gebildet und ausgeschüttet, die für die Aufrechterhaltung der Fruchtbarkeit verantwortlich sind. Die Unfruchtbarkeit tritt nach 6 – 8 Wochen ein, da bereits gebildete Spermien im Nebenhoden gespeichert werden. Die Wirkung des Chips erkennen Sie daran, dass sich die Hoden deutlich verkleinern und eine Änderung im Verhalten des Rüden beginnt. Bei nachlassender Wirkung des Hormon-Chips können Sie eine Größenzunahme der Hoden und das gewohnte Verhalten des Rüden beobachten. Dann kann wieder ein Chip implantiert werden.

Der Vorteil des Chips liegt darin, dass er nicht nur gut verträglich ist, sondern auch reversibel und einfach einzusetzen ist.

Ein Nachteil besteht in dem verzögerten Wirkungseintritt, da es unmittelbar nach Implantation zu einem kurzen vorübergehenden Anstieg des Plasmatestosteronspiegels kommen kann, der u.U. eine zusätzliche Medikation nötig macht. Zusätzlich ist zu bedenken, dass die Kosten des Suprelorin-Chips auf Dauer höher sind als bei der chirurgischen Kastration, wenn er mehrfach über einen längeren Zeitraum implantiert wird.

Die chirurgische Kastration (Orchiektomie)

Der Eingriff wird unter Vollnarkose durchgeführt und zählt zu den kleineren Routine-Operationen. Es gibt verschiedene Operationsmethoden. Da wir üblicherweise die präskrotale (bedeckte bzw. unbedeckte) Orchieektomie durchführen, beschränken wir uns auf eine kurze Beschreibung dieses Eingriffs und verzichten auf die Ausführungen zur Scrotektomie, bei der auch die Hodensäcke entfernt werden.

Durch einen einzigen Hautschnitt kranial vor den Hodensäcken werden beide Hoden nacheinander entfernt, der Scheidenhautfortsatz abgebunden und anschließend die Wunde durch den Verschluss von Processus vaginalis, Unterhaut und Haut vernäht. Die Hodensäcke bzw. das Cavum vaginale bleiben leer zurück, was ein Rest-Risiko für Schwellungen durch Serome und Wundinfektionen darstellt. Natürlich sollte nach dem Eingriff verhindert werden, dass die Wunde beleckt wird. Mit dem Einsatz von Antiphlogistika (schmerzstillenden Medikamenten) sowie Antibiotika werden postoperative Komplikationen verhindert und die Rekonvaleszenzphase erheblich verkürzt. Üblicherweise ist Ihr Rüde in wenigen Tagen wieder voll einsatzfähig.

Allgemeine Nachteile der Kastration

Es können Verhaltensänderungen nach Kastration auftreten, die mitunter nicht erwünscht sind. Dazu gehören eine gewisse Lethargie und ein eher auf das Fressen konzentriertes Verhalten. Durch den Wegfall der männlichen Hormone kann es nämlich zu gesteigertem Appetit bei weniger Bewegungsdrang kommen. Wenn Sie als Besitzer die Futterration nicht dementsprechend anpassen, wird Ihr Hund schnell übergewichtig. Es liegt also auch in Ihrer Hand, ob der kastrierte Rüde nach der Kastration dick und phlegmatisch wird. Weitere unerwünschte Nebenwirkungen der Kastration können gelegentlich eine Veränderung des Haarkleids sein, die auch mit Haarverlust bis hin zu Haarlosigkeit (Alopezie) einhergehen kann. Im Alter lässt sich beim kastrierten Rüden in seltenen Fällen eine Harninkontinenz beobachten, die sich medikamentös gut behandeln lässt.

Alles in allem sollte individuell abgewogen werden, ob eine Kastration in Frage kommt. Falls Sie sich noch nicht ganz sicher sind, was das Beste für Ihr Tier ist, empfehlen wir die Implantation des Suprelorin-Chips. So können Sie erst einmal in Ruhe die Wirkung testen und beobachten, wie sich Ihr Rüde verhalten würde, wenn er kastriert wäre. Falls irgendetwas gegen eine dauerhafte Kastration spricht, brauchen Sie nur abzuwarten, bis die Wirkung dieser Maßnahme je nach Chip nach einem halben Jahr bzw. Jahr nachlässt. Dann wäre alles wieder beim alten. Noch Fragen? Wir beraten Sie gerne.

07.06.2021

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